
Welche Verfahren gibt es bei einem Hörtest?
Ein Hörtest ist ein wichtiger Baustein Ihrer Gesundheitsvorsorge und ermöglicht es, hörbedingte Probleme frühzeitig zu erkennen. Moderne audiologische Diagnostik bietet Ihnen verschiedene spezialisierte Verfahren, die präzise und schmerzfrei durchgeführt werden. Diese Untersuchungen helfen dabei, die genaue Art und das Ausmaß einer möglichen Hörminderung zu bestimmen und sind entscheidend für die richtige Behandlungsplanung.
Die heutigen Hörtestverfahren sind wissenschaftlich fundiert und für Sie völlig ungefährlich. Jedes Verfahren erfasst unterschiedliche Aspekte Ihres Hörvermögens und liefert wertvolle Informationen über den Zustand Ihrer Ohren. Von der klassischen Schwellenmessung bis hin zu objektiven Messverfahren – die moderne HNO-Diagnostik stellt sicher, dass Sie eine umfassende und zuverlässige Bewertung Ihres Hörvermögens erhalten.
Reintonaudiometrie - Der Goldstandard der Hörmessung
Die Reintonaudiometrie gilt als das Standardverfahren in der Hördiagnostik und misst Ihre individuelle Hörschwelle für verschiedene Tonfrequenzen. Während dieser Untersuchung sitzen Sie in einer schalldichten Kabine und tragen Kopfhörer, über die Ihnen reine Töne in unterschiedlichen Lautstärken vorgespielt werden. Sobald Sie einen Ton wahrnehmen, geben Sie ein Signal – meist durch Knopfdruck oder Handzeichen. Der Audiologe ermittelt so systematisch die leisesten Töne, die Sie noch hören können.
Das Ergebnis wird in einem Audiogramm dargestellt, einer grafischen Übersicht Ihrer Hörschwellen. Diese Darstellung zeigt Ihnen genau, in welchen Frequenzbereichen Ihr Hörvermögen normal ist und wo eventuelle Defizite vorliegen. Das Audiogramm dient als Grundlage für alle weiteren diagnostischen Schritte und mögliche Therapieempfehlungen.
Die wichtigsten Schritte der Reintonaudiometrie:
- Aufklärung über den Testablauf und Instruktionen für Sie
- Platzierung in der schalldichten Messkabine
- Aufsetzen der Kopfhörer für die Luftleitungsmessung
- Systematische Testung verschiedener Frequenzen (125 Hz bis 8000 Hz)
- Bestimmung der Hörschwelle für jede Frequenz
- Dokumentation der Ergebnisse im Audiogramm
- Bei Bedarf zusätzliche Knochenleitungsmessung
Luftleitung vs. Knochenleitung bei der Reintonaudiometrie
Bei der Reintonaudiometrie werden zwei verschiedene Übertragungswege getestet: die Luftleitung über Kopfhörer und die Knochenleitung über einen Knochenleitungshörer am Warzenfortsatz. Die Luftleitungsmessung prüft den gesamten Hörweg von der Ohrmuschel bis zum Innenohr, während die Knochenleitungsmessung das Innenohr direkt stimuliert und dabei Außen- und Mittelohr umgeht. Durch den Vergleich beider Messwerte können Fachärzte unterscheiden, ob eine Schallleitungsschwerhörigkeit (Problem im Außen- oder Mittelohr) oder eine Schallempfindungsschwerhörigkeit (Problem im Innenohr oder den Hörbahnen) vorliegt.
Sprachaudiometrie - Verstehen im Alltag testen
Die Sprachaudiometrie testet Ihr praktisches Hörvermögen in alltäglichen Kommunikationssituationen und geht weit über die reine Tonwahrnehmung hinaus. Bei diesem Verfahren werden Ihnen über Kopfhörer gesprochene Wörter, Zahlen oder ganze Sätze in verschiedenen Lautstärken präsentiert. Sie wiederholen das Gehörte, wodurch der Untersucher feststellen kann, wie gut Sie Sprache verstehen und verarbeiten können. Dieser Test ist besonders wichtig, da er zeigt, wie Sie in realen Gesprächssituationen zurechtkommen.
Die Sprachaudiometrie umfasst verschiedene Testmaterialien: standardisierte Wortlisten mit ein- und mehrsilbigen Wörtern sowie Sätze in ruhiger Umgebung oder mit Hintergrundgeräuschen. Diese Untersuchung gibt Aufschluss über Ihre Sprachverständlichkeit und hilft bei der Anpassung von Hörgeräten. Anders als bei reinen Tonmessungen zeigt sie, ob Sie trotz messbarer Hörschwellen noch gut kommunizieren können oder ob zusätzliche Unterstützung notwendig ist.
Tympanometrie - Mittelohr-Funktion überprüfen
Die Tympanometrie bewertet die Beweglichkeit Ihres Trommelfells und die Druckverhältnisse in Ihrem Mittelohr durch eine kleine Sonde, die sanft in Ihren Gehörgang eingeführt wird. Diese Sonde erzeugt kontrollierte Druckveränderungen und misst gleichzeitig, wie Ihr Trommelfell auf diese Schwankungen reagiert. Das Verfahren ist völlig schmerzfrei und dauert nur wenige Sekunden pro Ohr.
Die wichtigsten Messparameter der Tympanometrie:
- Trommelfell-Compliance (Beweglichkeit des Trommelfells)
- Mittelohrdruck (Druckausgleich zwischen Mittelohr und Außenwelt)
- Gehörgangsvolumen (Größe des Raums vor dem Trommelfell)
- Stapediusreflex (Schutzreaktion des Mittelohrs bei lauten Geräuschen)
- Gradient (Steilheit der Druckkurve)
Otoakustische Emissionen (OAE) - Innenohr-Aktivität messen
Die Messung otoakustischer Emissionen erfasst winzige Schallsignale, die Ihr Innenohr selbst produziert und über das Mittelohr nach außen abgibt. Diese natürlichen „Ohrengeräusche“ entstehen durch die aktive Arbeit der äußeren Haarzellen in Ihrer Hörschnecke und sind ein direkter Nachweis für eine funktionierende Innenohraktivität. Eine kleine Sonde im Gehörgang registriert diese minimalen Schallsignale, ohne dass Sie aktiv mitarbeiten müssen.
Es gibt zwei Haupttypen von OAE-Messungen: DPOAE (Distorsionsprodukt-otoakustische Emissionen) verwenden zwei gleichzeitige Töne, während TEOAE (transitorisch evozierte otoakustische Emissionen) mit kurzen Klickreizen arbeiten. Diese objektive Testmethode ist besonders wertvoll bei Neugeborenen-Hörscreenings und bei Patienten, die nicht zuverlässig auf subjektive Tests reagieren können. Das Verfahren liefert präzise Informationen über den Funktionszustand Ihrer Haarzellen, noch bevor messbare Hörverluste auftreten.
Hirnstammaudiometrie (BERA) - Elektrische Hörbahnprüfung
Die Hirnstammaudiometrie kommt bei komplexen diagnostischen Fragestellungen zum Einsatz, wenn andere Untersuchungsmethoden keine eindeutigen Ergebnisse liefern oder wenn spezielle neurologische Abklärungen erforderlich sind. Bei diesem hochspezialisierten Verfahren werden Elektroden an Ihrem Kopf und hinter den Ohren platziert, um die elektrischen Aktivitäten Ihrer Hörbahnen zu messen. Während der Untersuchung hören Sie über Kopfhörer Klickgeräusche, während das Gerät die Reaktionen Ihres Hörnervs und Hirnstamms aufzeichnet.
Diese Methode ist besonders wichtig bei Verdacht auf Hörnervschädigungen, bei unklaren Hörverlusten oder wenn andere Tests widersprüchliche Ergebnisse zeigen. Die BERA kann auch bei Patienten eingesetzt werden, die aufgrund ihres Alters oder gesundheitlichen Zustands nicht bei herkömmlichen Tests mitarbeiten können. Die elektrischen Antworten entlang des gesamten Hörwegs geben Aufschluss darüber, ob und wo Störungen in der Signalübertragung vom Ohr zum Gehirn vorliegen.
Vorbereitung und Ablauf - Was Sie beim Hörtest erwartet
Ein Hörtest läuft in einer entspannten, professionellen Atmosphäre ab und dauert je nach Umfang zwischen 30 und 60 Minuten. Sie müssen sich keine Sorgen machen – die Untersuchungen sind völlig schmerzfrei und ungefährlich. Bringen Sie eventuell vorhandene alte Hörtestergebnisse, Ihre Krankenversicherungskarte und eine Liste Ihrer aktuellen Medikamente mit. Falls Sie Hörgeräte tragen, bringen Sie diese ebenfalls mit.
Wichtige Vorbereitungsempfehlungen:
- Reinigen Sie Ihre Ohren am Vorabend gründlich, aber vermeiden Sie Wattestäbchen
- Informieren Sie das Personal über aktuelle Erkältungen oder Ohrprobleme
- Nehmen Sie Ihre gewohnten Medikamente wie üblich ein
- Vermeiden Sie laute Geräuschbelastung am Untersuchungstag
- Planen Sie ausreichend Zeit ein und kommen Sie entspannt
- Stellen Sie alle Fragen, die Sie beschäftigen – das Personal hilft gerne
Ihre Hörergebnisse verstehen und nächste Schritte planen
Nach Abschluss aller Untersuchungen erhalten Sie eine verständliche Erklärung Ihrer Testergebnisse und deren Bedeutung für Ihren Alltag. Normale Hörschwellen liegen bis 20 Dezibel, darüber hinaus spricht man von unterschiedlichen Graden der Hörminderung. Wichtig ist: Auch bei festgestellten Hörproblemen gibt es heute ausgezeichnete Behandlungs- und Hilfsmöglichkeiten. Je früher eine Hörminderung erkannt wird, desto besser können geeignete Maßnahmen Ihre Lebensqualität erhalten oder verbessern.
Nutzen Sie die Chance, aktiv Ihre Hörgesundheit zu gestalten. Ob präventive Maßnahmen, medizinische Behandlung oder moderne Hörsysteme – es gibt für fast jede Situation passende Lösungen. Scheuen Sie sich nicht, bei Fragen nachzuhaken oder eine Zweitmeinung einzuholen. Ihr Hörvermögen ist ein kostbares Gut, das es verdient, optimal versorgt zu werden. Mit den richtigen Schritten können Sie auch bei Hörproblemen weiterhin aktiv am Leben teilnehmen und Ihre sozialen Kontakte pflegen.